Warum Jugendliche nicht mehr arbeiten wollen: Ein Einblick aus psychologischer Sicht

In meiner Arbeit als Kinder- und Jugendpsychologe begegne ich immer wieder einem Phänomen, das in den Medien und sozialen Netzwerken viel diskutiert wird: Jugendliche aus der Generation Z scheinen mehr Wert auf Freizeit und Selbstverwirklichung zu legen als auf traditionelle Karrierewege. Das Bild von Schule, Arbeit, Pension und schließlich dem Tod wirkt für viele wie ein auswegloses Labyrinth, aus dem sie einfach nicht entkommen können.

Ich erinnere mich an eine Sitzung mit einer Klientin, die mich anfangs mit einem tiefen Seufzer begrüßte, ohne sofort mit mir zu sprechen. Sie schien sich in einer Art emotionalem Selbstschutz zu befinden und testete, wie ich auf sie reagieren würde. Einige Minuten vergingen, in denen sie nach Worten suchte. Ich gab ihr die Zeit, die sie benötigte. Schließlich brach sie das Schweigen und erzählte von ihren Sorgen und Ängsten, die sie in einem Strudel von Depressionen gefangen hielten. Als ich sie fragte, was sie sich von der Zukunft wünscht, blickte sie mich an, als hätte ich eine absurde Frage gestellt. „Ich möchte einfach glücklich sein“, sagte sie und erzählte von den inspirierenden Accounts, die sie auf sozialen Medien verfolgte. Diese „Vorbilder“ lebten ein Leben, das für sie ansprechend war: kreativ, unabhängig und ohne den Druck der klassischen Arbeitswelt.

Schnell stellte ich fest, dass dies nicht nur ihre Motivation zur Schule, sondern generell zu strukturierten Lebensweisen stark beeinträchtigte. Gleichzeitig war da ein spürbarer Mangel an konkreten Zielen. Viele Jugendliche wissen, was sie nicht mehr wollen, aber oft fehlt ihnen die Anleitung, wie sie ihre Träume verwirklichen können. In vielen Fällen gab es keine Eltern oder Familienmitglieder, die ihnen den Weg gezeigt hätten – und wenn es Versuche gab, wurde oft abgewiegelt: „Schlag dir das aus dem Kopf!“

In meiner Arbeit nehme ich die Wünsche meiner Klienten ernst und wahr. Ich sehe in ihnen nicht nur eine verzweifelte Seele, sondern einen Menschen, der das Potenzial hat, ein erfülltes Leben zu führen. Mit ihnen arbeite ich an der Verwirklichung ihrer Träume. Sei es der Wunsch, Musiker, Schauspieler oder Social Media Star zu werden – wir skizzieren gemeinsam den Weg dorthin.

Zu sehen, wie beim Ausarbeiten ihrer Ziele ein Lächeln auf die Gesichter der Jugendlichen zurückkehrt, erfüllt mich mit Freude. Die Auseinandersetzung mit ihren Träumen gibt ihnen neue Hoffnung. Oft erkennt man sehr schnell, dass die Schule ein unverzichtbarer Teil ihres Weges ist. Es gibt tatsächlich Menschen, die es geschafft haben – Musiker, Schauspieler und Buchautoren, die mit ihren Geschichten ein einzigartiges Leben führen. Ihre realen Erfolgsgeschichten können als Lichtblick dienen.

Ich finde es wichtig, die Türen zu diesen Träumen nicht zu schließen, während ich gleichzeitig auch dazu ermutige, einen Plan B vorzubereiten, falls Plan A nicht aufgeht. Dies gibt den Jugendlichen nicht nur Sicherheit, sondern auch die Chance, die ersten Schritte in Richtung ihrer Träume zu gehen. Wenn das passiert, kehrt das Leben in sie selbst zurück. Depressive Symptome, die sie zuvor belasteten, nehmen ab oder verschwinden sogar ganz.

Abschließend möchte ich betonen, dass der Weg zu ihrer Selbstverwirklichung nicht immer einfach ist, aber ich genieße es, diese Reisen mit meinen Klienten zu begleiten. Das Gefühl, einen solchen Fall erfolgreich abzuschließen, ist für mich unbezahlbar. Die Jugendlichen können lernen, dass das Streben nach dem, was sie wirklich wollen, nicht nur möglich, sondern auch lohnend ist.

Zurück
Zurück

Warum das heimliche Lesen des Tagebuchs Deines Teenagers mehr schadet als hilft

Weiter
Weiter

Psychische Erkrankungen bei Kindern: So helfen Eltern der ganzen Familie